Johann Jakob Scheuchzer

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Johann Jakob Scheuchzer Die Physica Sacra - ein naturwissenschaftlicher Gottesbeweis? Claudine Walther

Die Münzgalerie München konnte vor einiger Zeit einige schö�ne alte Graphiken erwerben, die insbesondere durch ihre Dar�stellungen so mancher bekannter, aber auch einiger eher unbe�kannter Münzen auffallen und erfreuen. Die Nachforschungen ergaben, dass diese Graphiken aus einem Werk des Johann Jakob Scheuchzer stammen. Ganz kurz sollen daher Leben und Werk Scheuchzers sowie besagte Graphiken vorgestellt wer�den, die nun auch bei der Münzgalerie München zum Verkauf stehen. Biographisches Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733) war einer der bekann�testen Schweizer Mediziner und Naturwissenschaftler des be�ginnenden 18. Jahrhunderts. Bekanntheit erlangte er jedoch nicht durch seine medizinischen Leistungen, seiner eigentli�chen ‘Profession’, sondern vielmehr durch seine botanischen Studien, insbesondere hinsichtlich seiner Schweizer Heimat. Er gilt sogar als Pionier der wissenschaftlichen Alpenfor�schung des 18. Jahrhunderts1. Scheuchzer wurde am 2. August 1672 als Sohn eines Stadt�arztes in Zürich geboren, in eine Zeit hinein, in der die Natur�wissenschaft noch stark an die Theologie gebunden war und erst langsam ihren eigenen Weg beschritt2. Nach einem Stu�dium nicht nur der Medizin, sondern auch der Botanik, Ma�thematik und Astronomie in Altdorf bei Nürnberg und in Ut�recht 1692-1695 promovierte er in Utrecht 1694 in den medi�zinischen Wissenschaften. Ein Jahr später erhielt er seine erste Anstellung als Zweiter Stadtarzt und Waisenhausarzt von Zü�rich. 1697 wurde er Kurator der Bürgerbibliothek und zugleich Verwalter der städtischen Kunst- und Naturalienkammer3.

In den Jahren von 1694 bis 1711 unternahm Scheuchzer zwölf mehrwöchige Reisen zur Erforschung der Alpen, während derer er unter anderem auch barometrische Höhenmessungen und metrologische Beobachtungen anstellte4. Die Ergebnisse publizierte er 1708 in der Itinera alpina in lateinischer Spra�che5. Seine Erkenntnisse zur Schweizer Naturgeschichte woll�te er jedoch nicht nur einem gebildetem Fachpublikum zugäng�lich machen, sondern auch der Allgemeinheit erschließen, und so gab er seit 1705 die deutschsprachige Zeitschrift Seltsamer Natur-Geschichten des Schweizerlandes heraus6.

Im Jahre 1712 fertigte Scheuchzer die bis ins 19. Jahrhundert maßgebliche Gesamtkarte der Schweiz als Nova Helvetiae tabula geographica an, die auf seinen weitläufigen For�schungsreisen basierte. Sie wurde mehrfach nachgestochen. Die Verbreitung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen auch für das ‘kleine’ Volk war ihm so wichtig, dass er schon 1701 eine Abhandlung über die Naturwissenschaft als Physica oder Naturwissenschaft in deutscher Sprache veröffentlichte7. Basis seiner Ansichten war die Gotteslehre, die er auch den Naturwissenschaften unterlegte. Seinem Interesse für Fossilien und Mineralien gab er 1702 in der Abhandlung Specimen lithographiae Helvetiae curiosae Ausdruck8. Grundlegend für seine Untersuchungen war die ‘Sintfluttheorie’, die ein erstes Stratifikationskonzept der Ge�steinsschichtungen bot und Fossilien als versteinerte Überreste einstiger Tiere und Pflanzen erkannte und erklärte: während der Sintflut seien diese Tiere und Pflanzen bis in die höchsten Berge hinaufgetragen worden9. In dem 1709 herausgegebenen Herbarium Diluvianum stellte er fossile Pflanzenabdrücke und Versteinerungen seiner Sammlung bildlich in Kupfertafeln dar und versuchte zugleich den Verlauf der Sintflut chronologisch zu erklären10. Das Museum Diluvanium von 1716 enthielt den Katalog seiner Fossiliensammlung. Ein versteinertes Skelett schließlich interpretierte Scheuchzer als Überreste eines der damaligen in der Sintflut umgekommenen Menschen und nannte es daher Homo diluvii testis (‘der die Sintflut bezeugen�de Mensch’). Dieses stellte sich später als Fossil eines Riesen�salamanders heraus, welcher Johann Jakob Scheuchzer zu Eh�ren Andrias Scheuchzeri (‘der Mensch Scheuchzers’) genannt wurde. Trotz solcher aus heutiger Sicht gewaltigen ‘Schnitzer’ gab Scheuchzer mit seiner Forschung wichtige Impulse für die Paläontologie: Fossilien wurden nun mit lebenden Organismen verglichen und nicht mehr nur als Steinfiguren abgetan. Wenn sein Name auch heute nicht mehr so geläufig sein mag, Scheuchzer selbst war seinen Zeitgenossen (u. a. Gottfried Wilhelm Leibniz und Isaac Newton, mit denen er in Schrift�kontakt stand) ein bekannter Gelehrter und genoss internatio�nale Anerkennung. 1710 etwa erhielt er einen Lehrauftrag für Mathematik am Collegium Carolinum in Zürich, aus politi�schen Gründen11 jedoch erlangte er erst spät seine persönlichen Lebensziele: nämlich 1733, wenige Monate vor seinem Tod, die Stellung als Erster Stadtarzt von Zürich sowie die Physik�professur am Collegium Carolinum12. Sein Versuch der wissenschaftlichen Exegese der Heiligen Schrift13 verdeutlicht sich in der Iobi Physica Sacra von 1721 und insbesonders in der vierbändigen Physica Sacra oder soge�nannten ‘Kupferbibel’, die 1731-1735 in Augsburg und Ulm publiziert wurde. Letztere, sein Hauptwerk, erschien nicht nur auf Latein und Deutsch, sondern sogar auf Französisch und Niederländisch. Darin wollte er die Naturwissenschaft vortheologischen Angriffen absichern und zugleich die Theologie durch Naturwissenschaft untermauern14. Johann Jakob Scheuchzer erlebte jedoch die Vollendung seiner Kupferbibel nicht mehr, denn er starb am 23. Juni 1733. Seine Zeitgenossen anerkannten den wissenschaftlichen Wert der Physica Sacra vor allem auch wegen der zahlreichen Tier- und Fossiliendarstellungen15, und auch Scheuchzer selbst sah seine naturwissenschaftliche Erklärung der Bibel denjenigen der geisteswissenschaftlichen Disziplinen ebenbürtig: “Suos habent, et insignes, pro explicando Sacro Codice usus Philologia, Historia, Politica ita et Physica, Mathesis, Medicina”16.

Die Physica Sacra Die Kupferbibel trägt ihren Namen nicht ohne Grund: das über 2000seitige Werk wird durch 750 Bildtafeln von großer hand�werklicher Qualität illustriert. Mittelpunkt der Tafeln war die bildhafte Veranschaulichung von Informationen, die zum Verständnis und zur Beglaubigung der Bibel beitragen soll�ten17. Scheuchzer hatte seine Physica Sacra so aufgebaut, dass er seinem Text eine Bibelstelle als Thema zugrunde legte und anhand derer ein kleines Kapitel verfasste, welches er mittels vieler weiterer Bibelstellen und Zitate aus anderen Werken, seien es antike Schriftsteller wie Plinius oder aber zeitgenössi�sche Wissenschaftler, ausschmückte und so mehrere Meinun�gen einander gegenüberstellte18. Diesem Zweck der Veran�schaulichung dienten auch die Kupferstiche

Die 750 Kupferstiche der Physica Sacra sind von Augsburger und Nürnberger Künstlern, insbesondere Johann August Corvinus, Jakob Andreas Fridrich, Martin Tyroff, Johann Georg Pinz und Georg Daniel Heumann19, gestochen worden. Die Illustrierung der Kupferbibel übernahm der Zeichner und Radierer Johann Melchior Fueßli (1677-1736) ganz nach Scheuchzers Vorstellungen. Die vielen verschiedenen Bordü�ren und Rahmen hingegen wurden von dem Nürnberger Künst�ler Johann Daniel Preißler (1660-1737) entworfen. Jede Bild�tafel hat einen singulär gestalteten Rahmen, dabei wechseln sich die mit Strichrahmen umfassten Illustrationen mit reich dekorierten Rahmen ab, sodass die Einfassungen zu einem besonderen Merkmal der Kupferbibel werden20. Sie können zudem ihrem Zweck nach in informative oder auch einfach nur dekorative Einfassungen eingeteilt werden. Während Fueßli die Bildelemente strikt nach den Vorgaben ordnete und auch teilweise zusätzliche Informationen und Erläuterungen in den Rahmen- bzw. Randbereich setzte, hatte die endgültige Rahmensetzung jedoch bei Preißler keinen weitergehenden

wissenschaftsdidaktischen Anspruch wie bei Fueßli21. Die Umrahmungen und Nebenbilder bezogen sich dabei nicht nur symbolisch auf das Hauptbild, sondern nahmen das Thema buchstäblich auf22. So zeichnete Fueßli weitere informative Elemente an den Rand oder um das Bildfeld als Ergänzung der szenischen Darstellung, während Preißler das Bildthema bei der dekorativen Rahmengestaltung wieder aufnahm und alltäg�liche Gegenstände in die ornamentale Gestaltung einsetzte23. Die Rahmen hatten also die Funktion, die Informationen durch verschiedene Bildebenen zu strukturieren, und steigern durch ihre dekorative Vielfalt die Attraktivität für Graphiksammler24. So sind heute neben den kostbaren Exemplaren der Physica Sacra auch einzel�ne Blätter der 750 Kupfer�stiche im Umlauf. Die Münzgalerie München hat einige solcher Graphiken erworben, die im Folgen�den nicht nur kurz vorge�stellt, sondern auch zum Verkauf angeboten werden sollen. Die Verkaufspreise sind jeweils bei den Ab�bildungen angegeben, die Abmessungen betragen 35x22 cm (mit Passepar�tout 45,5x34 cm).

Der Tabula CIII stellte Scheuchzer die Bibelstelle über den Verkauf des Jo�seph nach Ägypten voran und leitet seine Abhand�lung daher mit einem Aus�zug aus dem Buch Genesis 37,25 ein. Das Bild zeigt eine Karawane, die einen schmalen Bergpfad ent�lang zieht. Dies soll die Karawane der Ismaeliten aus Gilead darstellen, an die Joseph von seinen Brü�dern verkauft wurde. Der Rahmen der Graphik zeigt nicht nur dekorative Ele�mente wie Fruchtranken, sondern auch informative

Zusatzelemente wie etwa die Randfigur des Knaben und die Darstellung einiger Münzen25. Nach Scheuchzers erklärenden Worten stellt der Knabe einen Isis-Priester dar, ebenso seien die Münzen ägyptischen Ursprungs26, die er aufgrund ihrer Darstellungen der Lotusblüte ausgewählt habe. Die erste Münzdarstellung am Scheitel der Bildtafel zeigt auf dem Avers Isis auf einem Krug mit Lotosgebinde (vgl. BMC Alexandria 775) und auf dem Revers eine sitzende weibliche Figur mit einem Kind auf dem Schoß (vgl. BMC Alexandria 1123). Am unteren Rand der Bildtafel werden weitere zwei Münzen je�weils einseitig dargestellt. Die eine zeigt eine auf einem Blü�tenkelch hockende Gestalt mit Kelle (vielleicht Harpocrates, eine ägyptische Gottheit, die mit dem Schweigen verbunden wurde, vgl. Geißen/ Weber 129), die andere zwei einander zu�gewandte gekrönte Schlangen (Osiris und Isis mit Lotos�gebinden, vgl. BMC Alexandria 845). Vervollständigt wird der Kupferstich, den Johann Adam Delsenbach gestochen hat, durch einen Auszug aus dem oben erwähnten Bibelzitat aus der Genesis in Latein und in deutscher Übersetzung. Auf der Rück�seite der Graphik ist ein weiterer Kupferstich, die Bildtafel DCCXLVII (von Johann Georg Pinz) mit der Darstellung drei�er Schlangen sowie eine Textstelle aus Apokalypse 12,7-9.

Die von Catharina Sperling gestochene Tabula CLXVI zeigt eine Berglandschaft, inmitten derer ein Adlernest mit mehreren Adlerküken liegt. Vor dem Hort erkennt man ein Elternteil mit ausgebreiteten Schwingen. Das Bibelzitat aus Exodus (19,4) “Aquila pullos gestans” (‘Der Adler trägt seine Jungen’) ver�bindet die Darstellung des Bildes mit dem Geschehen um Moses und den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten27. Gott schützt und liebt sein Volk wie der Adler seine Jungen: “Schließlichen aber will ich denen Gelehrten zu beurtheilen überlassen, ob nicht die bey denen Heyden übliche Vergöt�terungen, besonders der Kayserinnen oder Princessinnen, oder Erhebungen dero Seelen durch Adler, sich auf diese bis�hero erörterte Liebe der Adler gegen ihre Jungen beziehe, so viel ist ohne meine Anzeige bekandt daß in den allermeisten Müntz-Cabinets solcherley Vergötterungs-Pfennige anzutref�fen, da nebst dem Wort Consecratio ein einiger Adler zu sehen,

oder eine zwischen denen Flügeln hervorschauende und den Arm ausstrecken�de Menschen Gestalt, oder ein Adler, der über dem Al�tar oder einem brennenden Scheiter-Hauffen hinfliegt, oder der an den Altar ge�bunden, über welchen ein Donner-Straal schwebet, oder der einen Donner�Pfeil mit denen Klauen fasset. Damit aber diese meine Muthmassung kei�nen Mangel an Beweißthü�mern habe, habe ich etli�che auserlesene Müntzen an den Rand setzen las�sen”28. Der Rahmen wirkt relativ schlicht klassizis�tisch und zeigt vier Mün�zen, jeweils zwei oben und zwei unten. Die erste Münz�darstellung zeigt einen Ad�ler mit einer Frauengestalt fliegend sowie die Legen�de CONSECRATIO. Die dazugehörige Rückseite stellt eine Frauenbüste mit der Legende DIVA AVGVSTA FAVSTINA dar. Das betreffen�de Vorbild für diese Darstellung war ein Sesterz des Antoninus Pius (reg. 138-161) für seine verstorbene und vergöttlichte Ge�mahlin Faustina Mater (vgl. RIC III, S. 164, 1134). Die zweite Münze zeigt auf dem Avers eine verschleierte Frauenbüste auf einem Halbmond mit der Legende DIVAE MARINIANAE und auf dem Revers wiederum einen nach rechts fliegenden Adler, der eine Frauengestalt trägt, sowie die Legende CON�SECRATIO. Vorbild waren Münzen der Mariniana, der Ge�mahlin des Valerianus I. (reg. 253-260), der seine verstorbene Gattin deifizieren und zu diesem Anlass mehrere Münzserien prägen ließ (vgl. RIC V.1, S. 64, 3). Am unteren Rahmenteil ist zum einen eine Münze des Licinius (reg. 308-324) mit dem ge�panzerten Brustbild des Kaisers und der Legende IMP LICINI�VS AVG und auf der Rückseite ein Adler samt Iupiter mit Blitzbündel und Zepter auf dem Rücken sowie der Legende IOVI CONSERVATORI AVG (RIC VII, S. 182, 212) positio�niert. Zum anderen findet sich die Darstellung des Valerianus II. (reg. 253-255): auf dem Avers ist sein Brustbild mit der Legende DIVO VALERIANO CAES und revers wiederum ein Adler mit dem Caesar nach rechts fliegend und der Legende CONSECRATIO. Vorbild hierfür war ein Antoninian für Valerianus II. (RIC V.1, S. 117, 9). Solche Darstellungen waren in der römischen Kaiserzeit sehr bedeutend. Die Vergöttli�chung der Kaiser und ihrer Angehörigen wurde durch den flie�genden Adler dargestellt, der, als Tier Iupiters, die Deifizierten zum Himmel hinaufflog, als Sinnbild für den Aufstieg der Seele bei der Apotheose.

Im Kupferstich CCXXXV (von Martin Tyroff) wird thema�tisch das Verbot des Verspeisens von Kaninchen und Murmeltieren behandelt, wie auch die dazugehörige Bibel�stelle im Leviticus (11,5), welche Vorschriften über unreine und reine, d. h. essbare, Tiere aufzählt, be�legt. Die Graphik zeigt zu�nächst eine Berglandschaft mit zwei Kaninchen und einem Murmeltier. Pas�send zum Thema ‘Essen’ hängt vom Bildrahmen ein Banner herab, auf dem neben einer Münze auch ein Magen abgebildet ist. Diese Münze des Hadria�nus (reg. 117-138) zeigt auf dem Avers einen Kopf nach rechts mit der Le�gende HADRIANVS AVG COS III PP und auf dem Revers eine liegende Frau�engestalt mit Zweig und Kaninchen sowie der be�schreibenden Legende HISPANIA (RIC II, S. 375, 305 und S. 448, 851). Hispania galt als das Land der Murmeltiere, was auf eine Fehldeutung einer phö�nizischen Geschichte resul�tiert. Die Phönizier nann�ten Hispania i-schephan�nim, da sie die dort leben�den Kaninchen für Schliefer (Murmeltiere) hielten. Später wurde shapan ein anderes Wort für Kaninchen29.

Die von Johann Georg Pinz gestochene Tabula CCCXXVIII zeigt eine Stufenpyramide, auf deren Gipfel zwei Tortürme im Sonnenschein stehen. An ihrem Fuße sind viele Menschen ver�sammelt, die tanzen und beten. Der dazugehörige Bibelvers aus Deuteronomium (4,19) verbietet den “abgöttischen Son�nendienst”, d. h. die Anbetung von Sonne und Mond als gott�gleich, die doch von Gott geschaffen seien. Scheuchzer selbst hatte hierfür die Sonnentempel der Maya und Inka vor Augen sowie ihre Menschenopfer für deren Götter. Der mit Blättern und einer Sonnenquadriga geschmückte Rahmen gibt oben wie unten jeweils eine Münzabbildung wieder. Die obere Münz�darstellung zeigt auf dem Avers einen Frauenkopf mit Mauer�krone nach rechts und kann mit der dazugehörigen Legende  als Personifikation der Antiochia erkannt wer�den. Die Rückseite zeigt einen Widder sowie eine Mondsichel und einen Stern mit der Legende . Ein vergleichbares Stück findet sich bei SNG Kop. 115. Die unte�re Münze zeigt auf der Vorderseite einen Kopf nach rechts, auf dem Revers einen äsenden Hirsch mit der Legende   . Dargestellt ist hier eine Münze des Mithridates VI. Eupator von Pontos (reg. 120-66) (vgl. SNG Aulock 8).

Die Bildtafel CCCXLV (von Georg Daniel Heumann) zeigt im Hintergrund eine kleine Stadt auf freier Ebene, umgeben von einer Berglandschaft. Im Vordergrund steht eine Gruppe von drei Männern, wobei einer erschreckt die am Himmel flie�genden Vögel beobachtet, während die anderen beiden gebannt an seinen Lippen hängen. Das Bibelzitat aus Deuteronomium (18,10) verbietet die Wahrsagerei und Zeichendeutung, wie es im Bild durch die Augures (Vogelwahrsager) dargestellt wird. Bei den Römern war das lebenslang ausgeübte Amt des Auguren sehr bedeutsam, denn dieser holte die Zustimmung der Götter zu einer beab�sichtigten Handlung ein. Als Beispiel für die alter�tümliche Bedeutung der Auguren ließ Scheuchzer drei Münzen abbilden. Die erste findet sich im oberen Teil des Rahmens. Auf dem Avers befindet sich die für republikanische Münzen typische Darstel�lung der Roma. Der Revers zeigt eine Spiral�säule mit aeolischem Ka�pitell, Statue und zwei Glocken. Daneben sind zwei Kornähren und zwei Gestalten, wobei die eine einen lituus (Priesterstab) hält. Die Legende C. AVG verweist auf Caius Minu�cius Augurinus als Münz�meister (vgl. Crawford 242/1), der hier die Co�lumna Minucia (Liv. 4,16, 2-4) präsentierte, die an�geblich seinem Vorfahren Lucius Minucius zu Ehren errichtet worden war (aufgrund von dessen Rolle bei der Korn�verteilung von 439 v. Chr.). Die Figur mit dem lituus soll ein weiteres Mitglied der Familie der Minucii, Marcus Minucius Faesus, einen der ersten plebejischen Auguren im Jahre 300 v. Chr., darstellen. Die anderen beiden Münzabbildungen finden sich am unteren Teil des mit Vögeln und Eulen verzierten Rahmens. Die eine zeigt auf dem Avers das typische Bild des verschleierten Caesar mit Augurenstab und der Legende DIC TER CAESAR P M. Die Rückseite zeigt das bare Haupt des Marcus Lepidus mit der Legende IMPER M LEPIDVS. Die andere Münze zeigt vorne das bloße Haupt des Lepidus und hinten einen Krug, den lituus, die simpulum (Schöpfkelle) und Messer sowie die Legende M. LEPIDVS PONT MX III VIR R P C. Beide Münzen gibt es offensichtlich nicht30, sie verweisen jedoch auf Marcus Aemilius Lepidus, der Triumvir und Ponti�fex Maximus war und 12 v. Chr. starb. Er ernannte Caesar zum Diktator (selbst war er zum damaligen Zeitpunkt nur Prätor und hatte somit eigentlich keine legale Machtbasis für eine sol�che Ernennung). Lepidus wurde mit dem proconsularen Impe�rium in Hispania citerior belohnt und durfte sich nun selbst Imperator nennen.

Die von Johann Georg Pinz gestochene Tabula DXX zeigt einen Nachthimmel voller Sterne und Wolken, von welchem ein Blitz über dem Meer herabzuckt. Im Wasser schwimmt ein Wal, und am Ufer wartet ein Krokodil auf Beute. Zu Grunde liegt den Bildelementen ein Zitat aus dem Buch Hiob (26,13) über den deus fulminans, den strahlschießenden Gott. Scheuchzer führt aus, dass der Blitz schon immer mit Gott, bei den Heiden entsprechend mit der höchsten Gottheit, gleichgesetzt wurde und die All�macht Gottes bezeugt. Zur Beweisführung ließ Scheuchzer in den Rahmen mit Sonnen- und Mond�darstellung auch vier Mün�zen mit Blitzdarstellungen einfügen. Links oben wird eine Bron�zemünze des Antoninus Pi�us aus Ephesos (vgl. BMC Ionien, S. 79, 236) abgebil�det. Die Vorderseite zeigt den lorbeerbekränzten Kopf des Kaisers mit der Legende      C, die Rückseite Iupiter pluvius auf einem Wolkenthron mit einem Blitzbündel in der Hand, der es regnen lässt. Unten lagert eine Allegorie eines Flusses, während rechts ein Langtempel zu sehen ist. Die Legende  C be�zeichnet die lagernde Gott�heit als Pion, der allerdings als Berggott verehrt wur�de31. Die Darstellung des Iupiter pluvius bezieht sich wahrscheinlich auf die Schlacht gegen die Quaden, bei dem ein heftiger Regen den Sieg brachte32. Oben rechts wird ein Stück des Lucius Verus (reg. 161-169) gezeigt mit seinem lorbeerbe�kränzten Brustbild und der Legende L VERVS AV ARM PARTH MAX sowie auf der Rückseite Iupiter mit Blitzbündel und Zepter und der Legende TR P VII IMP IIII COS III. Am unteren Rahmen umfasst eine, laut Scheuchzer, seleukidi�sche Münze mit Zeus auf dem Avers und einem senkrechtem Blitzbündel auf dem Revers33 eine Münze des Commodus (reg. 180-192) mit dessen drapiertem und belorbeertem Brustbild mit der Legende M COMMODVS ANTONINVS PIVS FELIX AVG BRIT, und der Rückseite mit dem stehenden Iupiter mit Blitzbündel und Zepter, Kapitell und Adler sowie der Legende IOVI IVVENI IRM TRP X IIII IMP VIII COS V PP (vgl. RIC III, S. 424, 499).

Die letzte Graphik, Tabula DXXII, zeigt einen Berg mit einem hinabstürzenden Fluss. Im Hintergrund ist ein ausbrechender Vulkan zu sehen, im Fluss kann man einige Menschen sehen. Das Bibelzitat stammt aus Hiob (28,4): “torrentes erumpunt” (‘ausbrechende Bäche’). Scheuchzer analysiert in dem zu der von Georg Daniel Heumann gestochenen Graphik zugehörigen Text Überflutungen, die große Fruchtbarkeit des Landes nach sich ziehen. Hierfür zieht er auch Sizilien mit seinem Vulkan Ätna heran. Auch die beiden Münzdarstellungen im Rahmen der Graphik lassen das Bild nach Sizilien verlegen, wobei der ausbrechende Vulkan als Ätna, die Berglandschaft als Monti Madonie und der Fluss als Salso zu identifizieren ist. Die obere Münze zeigt Athena mit der Legende   und auf dem Revers ein Triskeles. Das Triskeles steht für das Dreikap (Trinacria) Siziliens und hat ein Gorgoneion im Zentrum sowie Gerstenähren als Zeichen der Fruchtbarkeit zwischen den Beinen (vgl. Sizilien/Panormus SNG Kop. 524).

Die untere Münze stammt auf der Vorderseite aus Syrakus und zeigt die Arethusa im Delphinkreis mit der Legende   (vgl. SNG Kop. 667). Die Rückseite hingegen ahmt ein Stück aus Metapontion in Lukanien nach (vgl. SNG München 996).

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