Publications:In arte voluptas - Medallien und Abzeichen der Schlaraffia: Unterschied zwischen den Versionen

Aus MGM Münzlexikon
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Der Name 'Schlaraffia' leitet sich vom mittelalterlichen Wort 'sluraff' ab, was so viel wie 'Faulenzer' bedeutet. Das Schlaraffenland im Märchen bezeichnete ein fingiertes Land lächerlicher Vollkommenheit, in dem den Menschen ohne jede Anstrengung alle materiellen Güter und Genüsse zuteil werden. Dort sollen Milch und Honig fließen, statt Steinen Käse herumliegen, die gebratenen Tauben direkt in den Mund fliegen und die Bratwürste auf den Zäunen wachsen. Die einzige Anstrengung, die man leisten müsse, um in das Schlaraffenland zu gelangen, ist, sich durch einen Berg Griesbrei hindurchzuessen. Faulheit sei dort höchste Tugend, der Fleiß das schlimmste Laster. Das Märchen hat seine Analogien in fast allen Nationen und ist wohl eher als Parodie auf die Vorstellung von den paradisischen Zuständen der Urzeit aufzufassen.<ref>Siehe Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Bd. 17, S. 831-832.</ref> Bereits die Alten Griechen hatten ähnliche Vorstellungen, seit dem Mittelalter wurden sie in den romanischen Ländern in vielen Fassungen in Versform erzählt. Von Frankreich aus scheint sich das Märchen im 16. Jahrhundert in Deutschland eingebürgert zu haben.<br>
 
Der Name 'Schlaraffia' leitet sich vom mittelalterlichen Wort 'sluraff' ab, was so viel wie 'Faulenzer' bedeutet. Das Schlaraffenland im Märchen bezeichnete ein fingiertes Land lächerlicher Vollkommenheit, in dem den Menschen ohne jede Anstrengung alle materiellen Güter und Genüsse zuteil werden. Dort sollen Milch und Honig fließen, statt Steinen Käse herumliegen, die gebratenen Tauben direkt in den Mund fliegen und die Bratwürste auf den Zäunen wachsen. Die einzige Anstrengung, die man leisten müsse, um in das Schlaraffenland zu gelangen, ist, sich durch einen Berg Griesbrei hindurchzuessen. Faulheit sei dort höchste Tugend, der Fleiß das schlimmste Laster. Das Märchen hat seine Analogien in fast allen Nationen und ist wohl eher als Parodie auf die Vorstellung von den paradisischen Zuständen der Urzeit aufzufassen.<ref>Siehe Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Bd. 17, S. 831-832.</ref> Bereits die Alten Griechen hatten ähnliche Vorstellungen, seit dem Mittelalter wurden sie in den romanischen Ländern in vielen Fassungen in Versform erzählt. Von Frankreich aus scheint sich das Märchen im 16. Jahrhundert in Deutschland eingebürgert zu haben.<br>
 
'Schlaraffia' hat mit dem Märchen direkt jedoch nichts zu tun. Hierbei handelt es sich um eine Gemeinschaft von Männern, “die in gleichgesinntem Streben die Pflege der Kunst und des Humors unter gewissenhafter Beobachtung eines gebotenen Zeremonials bezweckt, und deren Hauptgrundsatz die Hochhaltung der Freundschaft ist”, wie es in den Statuten (§ 1 des 'Schlaraffen-Spiegels') heißt. Im Winterhalbjahr treffen sich die Schlaraffen einmal pro Woche, um gemeinsam Freude zu haben und ihren Geist zu schärfen. Obwohl sie Ritternamen führen, sind sie kein Ritterorden und gewiss kein esoterischer Mysterienbund. Hier treffen sich vielmehr vielseitig interessierte Mitglieder, um das Rollenspiel einer liebenswerten Ritterzeit zu spielen, Vorträgen und Vorführungen zuzusehen und so die Probleme des Alltags zu relativieren.<br>
 
'Schlaraffia' hat mit dem Märchen direkt jedoch nichts zu tun. Hierbei handelt es sich um eine Gemeinschaft von Männern, “die in gleichgesinntem Streben die Pflege der Kunst und des Humors unter gewissenhafter Beobachtung eines gebotenen Zeremonials bezweckt, und deren Hauptgrundsatz die Hochhaltung der Freundschaft ist”, wie es in den Statuten (§ 1 des 'Schlaraffen-Spiegels') heißt. Im Winterhalbjahr treffen sich die Schlaraffen einmal pro Woche, um gemeinsam Freude zu haben und ihren Geist zu schärfen. Obwohl sie Ritternamen führen, sind sie kein Ritterorden und gewiss kein esoterischer Mysterienbund. Hier treffen sich vielmehr vielseitig interessierte Mitglieder, um das Rollenspiel einer liebenswerten Ritterzeit zu spielen, Vorträgen und Vorführungen zuzusehen und so die Probleme des Alltags zu relativieren.<br>
 
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Der Wahlspruch der Vereinigung lautet 'In arte voluptas' (etwa: in der Kunst liegt Vergnügen). Mitglied können Männer aller gesellschaftlichen Schichten, Religionen oder ethnischer Herkunft werden ohne Ansehen von Person und Stellung. Die Schlaraffia verfolgt keine altruistischen Ziele wie etwa der Lions-Club oder Rotary International. Eine Verbindung zur Freimaurerei besteht nicht, und auch von Karnevalsvereinen und Faschingsclubs grenzen sich die Schlaraffen deutlich ab. Sie strebt im Allgemeinen nicht an die Öffentlichkeit und betreibt keine offene Mitgliederwerbung. Im Rahmen des schlaraffischen Ritterspiels kann jedes Mitglied die Anwesenden durch musikalische, dichterische, erzählerische, rezitatorische oder andere passende Beiträge erfreuen und unterhalten. Themen aus Parteipolitik und Religion, geschäftliche Belange oder schlüpfrige Männerwitze sind vollkommen unerwünscht. Ursprünglich waren nur Künstler Mitglieder, dies hat sich jedoch geändert. Heute bilden die Mitglieder der Schlaraffia einen Querschnitt durch alle bürgerlichen und künstlerischen Berufe. Da Geschäfts- und Berufswelt während der Sitzungen tabu sind, wissen die Meisten oft gar nicht, welchen Beruf der andere hat.<ref>Vgl. Biedermann: Logen, Clubs und Bruderschaften, S. 338. </ref>
Der Wahlspruch der Vereinigung lautet 'In arte voluptas' (etwa: in der Kunst liegt Vergnügen). Mitglied
 
können Männer aller gesellschaftlichen Schichten, Religionen oder ethnischer Herkunft werden ohne Ansehen von Person und Stellung. Die Schlaraffia verfolgt keine altruistischen Ziele wie etwa der Lions-Club
 
oder Rotary International. Eine Verbindung zur Freimaurerei besteht nicht, und auch von Karnevalsvereinen und Faschingsclubs grenzen sich die Schlaraffen deutlich ab. Sie strebt im Allgemeinen nicht an die
 
Öffentlichkeit und betreibt keine offene Mitgliederwerbung. Im Rahmen des schlaraffischen Ritterspiels
 
kann jedes Mitglied die Anwesenden durch musikalische, dichterische, erzählerische, rezitatorische oder
 
andere passende Beiträge erfreuen und unterhalten. Themen aus Parteipolitik und Religion, geschäftliche
 
Belange oder schlüpfrige Männerwitze sind vollkommen unerwünscht. Ursprünglich waren nur Künstler Mitglieder, dies hat sich jedoch geändert. Heute bilden die Mitglieder der Schlaraffia einen Querschnitt durch
 
alle bürgerlichen und künstlerischen Berufe. Da Geschäfts- und Berufswelt während der Sitzungen tabu
 
sind, wissen die Meisten oft gar nicht, welchen Beruf der andere hat3).
 

Version vom 1. März 2021, 17:19 Uhr

In arte voluptas
Medaillen und Abzeichen der Schlaraffia
Achim Feldmann


Der Münzgalerie München ist es kürzlich gelungen, aus einem Nachlass eine mit vielen Abzeichen besteckte Mütze, einen 'Schlaraffen-Pass' und eine 'Stammrolle der Schlaraffenreyche in Deutschland' zu erwerben, die zunächst etwas ratlose Gesichter hinterließen. Uns fiel dann ein, dass in einer vergessenen Ecke noch einige Abzeichen schlummerten, an die wir uns bisher nicht so recht rangetraut hatten. Mit dem Begriff 'Schlaraffia' hatte niemand etwas anfangen können. Erst nach einigen Wochen des 'Googelns' und Recherchierens nahm die Sache langsam Konturen an, die Ergebnisse zeigen wir hier. Bei den folgenden Ausführungen kann es sich - bei einem Nicht-Schlaraffen als Autor - natürlich nur um Annäherungen an Wesen und Zweck des Bundes handeln. Ich hoffe jedoch, trotzdem den Geist der Schlaraffia einigermaßen verdeutlichen zu können.

Was ist Schlaraffia?
“Wer erinnert sich nicht an seine Schulzeit, wenn in Pausen Rollenspiele zu Lasten der Lehrer unter Überzeichnung von Eigenarten auf Kosten derselben zur allgemeinen Erheiterung in der Schülerschaft führten. Ganz ähnlich ist es beim schlaraffischen Spiel, nur dass es hier um die Überzeichnung des historischen Herrschaftsverhältnisses im Rahmen eines Ritterspieles geht, dessen mehr oder weniger festgelegter Ablauf einen roten Faden bildet, an dem es persifliert immer wieder künstlerische und humoristische Perlen aufzureihen gilt.”[1] Der Name 'Schlaraffia' leitet sich vom mittelalterlichen Wort 'sluraff' ab, was so viel wie 'Faulenzer' bedeutet. Das Schlaraffenland im Märchen bezeichnete ein fingiertes Land lächerlicher Vollkommenheit, in dem den Menschen ohne jede Anstrengung alle materiellen Güter und Genüsse zuteil werden. Dort sollen Milch und Honig fließen, statt Steinen Käse herumliegen, die gebratenen Tauben direkt in den Mund fliegen und die Bratwürste auf den Zäunen wachsen. Die einzige Anstrengung, die man leisten müsse, um in das Schlaraffenland zu gelangen, ist, sich durch einen Berg Griesbrei hindurchzuessen. Faulheit sei dort höchste Tugend, der Fleiß das schlimmste Laster. Das Märchen hat seine Analogien in fast allen Nationen und ist wohl eher als Parodie auf die Vorstellung von den paradisischen Zuständen der Urzeit aufzufassen.[2] Bereits die Alten Griechen hatten ähnliche Vorstellungen, seit dem Mittelalter wurden sie in den romanischen Ländern in vielen Fassungen in Versform erzählt. Von Frankreich aus scheint sich das Märchen im 16. Jahrhundert in Deutschland eingebürgert zu haben.
'Schlaraffia' hat mit dem Märchen direkt jedoch nichts zu tun. Hierbei handelt es sich um eine Gemeinschaft von Männern, “die in gleichgesinntem Streben die Pflege der Kunst und des Humors unter gewissenhafter Beobachtung eines gebotenen Zeremonials bezweckt, und deren Hauptgrundsatz die Hochhaltung der Freundschaft ist”, wie es in den Statuten (§ 1 des 'Schlaraffen-Spiegels') heißt. Im Winterhalbjahr treffen sich die Schlaraffen einmal pro Woche, um gemeinsam Freude zu haben und ihren Geist zu schärfen. Obwohl sie Ritternamen führen, sind sie kein Ritterorden und gewiss kein esoterischer Mysterienbund. Hier treffen sich vielmehr vielseitig interessierte Mitglieder, um das Rollenspiel einer liebenswerten Ritterzeit zu spielen, Vorträgen und Vorführungen zuzusehen und so die Probleme des Alltags zu relativieren.
Der Wahlspruch der Vereinigung lautet 'In arte voluptas' (etwa: in der Kunst liegt Vergnügen). Mitglied können Männer aller gesellschaftlichen Schichten, Religionen oder ethnischer Herkunft werden ohne Ansehen von Person und Stellung. Die Schlaraffia verfolgt keine altruistischen Ziele wie etwa der Lions-Club oder Rotary International. Eine Verbindung zur Freimaurerei besteht nicht, und auch von Karnevalsvereinen und Faschingsclubs grenzen sich die Schlaraffen deutlich ab. Sie strebt im Allgemeinen nicht an die Öffentlichkeit und betreibt keine offene Mitgliederwerbung. Im Rahmen des schlaraffischen Ritterspiels kann jedes Mitglied die Anwesenden durch musikalische, dichterische, erzählerische, rezitatorische oder andere passende Beiträge erfreuen und unterhalten. Themen aus Parteipolitik und Religion, geschäftliche Belange oder schlüpfrige Männerwitze sind vollkommen unerwünscht. Ursprünglich waren nur Künstler Mitglieder, dies hat sich jedoch geändert. Heute bilden die Mitglieder der Schlaraffia einen Querschnitt durch alle bürgerlichen und künstlerischen Berufe. Da Geschäfts- und Berufswelt während der Sitzungen tabu sind, wissen die Meisten oft gar nicht, welchen Beruf der andere hat.[3]

  1. www.lulu311.de, die Internetseite der Schlaraffia Nr. 311 "Am Hohenwaldeck" (Schliersee i. Obb.), aufgerufen am 15.3.2016.
  2. Siehe Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Bd. 17, S. 831-832.
  3. Vgl. Biedermann: Logen, Clubs und Bruderschaften, S. 338.