Schrift (auf Münzen)

Aus MGM Münzlexikon
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Keltiberische Inschrift auf einem Denar des 1. Jh. v. Chr. nach römischem Vorbild von Belikio (Belchite)

Aus Schriftzeichen (Buchstaben, andere Zeichen) bestehen der Teil des Gepräges von Münzen (→ Münzaufschrift, Legende). Vorherrschend bei antiken griechischen Münzen ist das griechische Alphabet (mit Bezeichnung der Vokale), hervorgegangen aus dem phönikischen Alphabet (ohne Bezeichnung der Vokale, Schreibweise von rechts nach links). Bei den antiken römischen Prägungen wurde das aus dem westgriechischen Alphabet hervorgegangene lateinische Alphabet eingesetzt. Nach Griechisch und Latein ist Phönikisch die am häufigsten vertretene Sprache auf antiken Münzen (Kilikien, Phönikien, Teile von Palästina und Syrien, Arabien, Mesopotamien). Die punische Schrift, eine besondere Entwicklung der phönikischen Schrift mit Neigung zu kursiven Formen, verwendeten die Karthager auf Münzumschriften (Karthago war bereits im 7. Jh. v. Chr. der bedeutendste Handelsplatz unter den phönikischen Kolonien an der nordafrikanischen Küste). Jüdische Münzen tragen Aufschriften in althebräischer Schrift; für die hebräische „Quadratschrift“ gibt es keine numismatischen Zeugnisse. In spätägyptischer (hellenistisch-christlicher) Zeit entstand die koptische Schrift, letzter Ausläufer der Hieroglyphenschrift (d. h. heilige Steinschrift), die im allgemeinen als Urmutter der abendländischen Schrift-Formen angesehen wird. Numismatisches Interesse beanspruchen weiterhin die vom lateinischen Alphabet verdrängten anderen italischen Alphabete (Etruskisch, Umbrisch, Oskisch), verschiedene im östlichen Mittelmeerraum verwendete Alphabete (Kyprisch, Pamphylisch, Lydisch, Lykisch) sowie Keltiberisch auf der Iberischen Halbinsel. Die ältesten griechischen Münzen sind noch schriftlos (→ Stumme Münze). Archaische Münzaufschriften bezeichnen vorwiegend Stadtnamen mit ihren Anfangsbuchstaben, später meist in abgekürzter Form. In klassischer Zeit erscheinen neben den nunmehr häufig ausgeschriebenen Stadtnamen Beischriften zum Münzbild sowie Namen oder Namenmonogramme von Beamten und Künstlern (Stempelschneidern). Bis zum 4. Jh. v. Chr. diente die Schrift vor allem als raumfüllendes oder bildkompositorisches Element. Nach dem Tod Alexanders des Großen (323 v. Chr.) gewannen Bildnis, Name und Titel zunehmende Bedeutung, wobei eine dekorative Beschriftung der Münze angestrebt und der Platz der Schrift im Gepräge sorgfältig ausgewählt wurde.
Die Aufschriften auf römischen Münzen bestehen aus Großbuchstaben (Majuskeln) der schönen lateinischen Kapitalschrift. Bereits auf den gegossenen rechteckigen Bronzebarren (→ Aes signatum) kommt die Legende ROMANOM (ältere Genitivform zum später gebräuchlichen „Romanorum“) vor; bei den → Aes-grave-Stücken dienen die Buchstaben I und S als Wertbezeichnung (As und Semis). Die ältesten römischen Silbermünzen tragen die Aufschriften ROMANO oder ROMA. Die späteren Münzen der Römischen Republik, besonders aber die Prägungen der Kaiserzeit, weisen in der Regel ausführliche Legenden auf; das auf der Vs. befindliche Kaiserbildnis wird durch die in der Umschrift aufgeführten Namen und Titel, Ämter und Gewalten wirksam kommentiert.
Seit etwa 400 n. Chr. entwickelte sich die lateinische Kapitalschrift zur gerundeten Unzialschrift. In byzantinischen Münzaufschriften kommen anfänglich lateinische Großbuchstaben, dann lateinische und griechische und seit dem 8. Jh. nur noch griechische Majuskeln vor. Die germanischen Herrscher übernahmen für ihre Münzen die lateinische Kapitalschrift, die bald Unzialbuchstaben aufnahm (z. B. das gerundete E) und von der auf einzelnen Münzen bestimmte Buchstaben liegend wiedergegeben werden (z. B. S und L). In den west- und mitteleuropäischen Ländern verlief seit dem 6. Jh. die Entwicklung der lateinischen Kapitalschrift überaus unterschiedlich: eckige Buchstaben wurden gerundet, runde Buchstaben eckig gestaltet, gerade Schäfte durch Keile ersetzt und mit Ansatzlinien versehen. Durch derartige Veränderungen gekennzeichnet, blieb die lateinische Majuskel Münzschrift bis weit in das 12. Jh. hinein. An ihre Stelle trat für einige Jahrhunderte die sogenannte gotische Majuskel, eine Schrift von gerundetem Charakter (Beispiele: Écu d’ors und Turnosen Ludwigs (Louis) IX. von Frankreich; Salut d’ors Karls (Charles) I. von Anjou, König von Neapel; Prager Groschen; Meißner Groschen). Nach der Mitte des 14. Jh. wurde vereinzelt auch die eckige gotische Minuskel (Kleinbuchstaben) verwendet (z. B. Goldgulden Wenzels IV. von Böhmen; kleine Görlitzer Pfennige). In der Renaissance erfolgte eine Rückkehr zur strengen lateinischen Kapitalschrift (seitdem als Antiqua bezeichnet). Eine eigentümlich deutsche Renaissance-Type stellt die aus der gotischen Schrift hervorgegangene Fraktur dar, leicht erkennbar an dem rüsselförmigen Ansatz der Großbuchstaben A, B, F, J, M, N, P, R, T, V und W. Im Unterschied zu Medaillen gibt es nur wenige Münzen mit dieser Schrift (z. B. die Spruchtaler Friedrichs von Celle [1636 –1648]). Bis heute ist die Antiqua in zahlreichen Ländern der Welt Münzschrift.
Die älteste slawische Schrift, das 855 von Kyrill in Anlehnung an die griechische Minuskel geschaffene Alphabet (mit 40 Buchstaben), wurde im 10. Jh. durch die kyrillische Schrift (weitgehend auf der griechischen Majuskel des 9./10. Jh. beruhend) abgelöst. Kyrillische Schrift findet sich auf Münzen des Zweiten Bulgaren-Reichs (1185 bis 1396), seit dem 13. Jh. auf serbischen sowie fast ausnahmslos auf russischen Münzen. Unter Peter (Pjotr) dem Großen (1689 –1725) erfuhr die russische Schrift wesentliche Veränderungen (diese Reformschrift wurde als Greshdanka = bürgerliche S. bezeichnet). 1917 wurde die kyrillische Schrift, ausgehend vom Russischen, besonders hinsichtlich des Buchstabenbestands vereinfacht; in dieser Form erscheint sie auf allen sowjetischen und den nachfolgende Münzen und mit wenigen Modifikationen auch auf Münzen Bulgariens und Jugoslawiens/Serbiens.
Die Schrift auf arabischen, persischen und indischen Münzen haben ihre gemeinsame Wurzel in der nordsemitischen Schrift des Altertums. In der Frühzeit des Islam (7. bis 11. Jh.) wurde die (nach der Stadt Kufa benannte) kufische Schrift, eine eckige Monumentalschrift der arabischen Schrift, auch auf Münzen arabischer Herrscher verwendet (die älteste kufische Münze stammt aus dem Jahr 641 AD).
Auf ostasiatischen Münzen kommen der chinesischen, japanischen, koreanischen und mongolischen Schrift als Nationalschriften besondere Bedeutung zu. Die über 4000 Jahre alte chinesische Schrift entwickelte sich aus einer Bilderschrift z. T. zu einer Wort- und Begriffsschrift (mit etwa 40.000 Schriftzeichen). Bei dem modernen japanischen Schriftbild handelt es sich um eine Mischung aus chinesischen Zeichen und den beiden Kanaschriften (50 Laute umfassende Silbenschriften Hiragana und Katakana). Die ebenfalls aus der chinesischen Schrift hervorgegangene koreanische wurde im 15. Jh. zu einer Buchstabenschrift (mit Kennzeichnung von Konsonanten und Vokalen). Anfang des 14. Jh. entstand das mongolische Alphabet, das im Verlauf der Zeit wesentliche Vereinfachungen erfuhr und nach 1941 (offiziell 1950) durch das kyrillische Alphabet (mit Zusatzzeichen) ersetzt wurde. → Paläografie, → Rückläufige Schrift, → Runenmünzen, → Trugschriftenmünze, → Zweisprachige Münzen

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Spruchtaler 1639 Friedrichs von Celle (1636 – 1648) aus der Münzstätte Clausthal, bei dem die Umschriften der Vorder- und Rückseite in einer Frakturschrift vorhanden sind