Unediert!? Teil 11: Mariengroschen Goslar
Dieser Artikel ist auch im PDF-Format - komplett und mit Abbildungen - verfügbar: Unediert!? - Teil 11: Reichsstadt Goslar, Mariengroschen 1535
Unediert!?
Teil 11: Reichsstadt Goslar, Mariengroschen 1535
Achim Feldmann
Die Münzen der Reichsstadt Goslar zwischen 1290 und 1764
sind vorbildlich in dem Werk von Heinrich Buck, Adalbert
Büttner und Bernd Kluge ediert worden. Das Besondere an
der Entstehungsweise dieses Buches ist, dass jeder der drei
Autoren unabhängig voneinander gearbeitet hat. Heinrich
Buck (1866-1939) hat im Laufe seines reichen Schaffens
mehrere Münzcorpora von niedersächsischen Städten verfasst. Auch zu Goslar hatte er ein Manuskript erstellt, das er
jedoch nicht mehr zu Ende bringen konnte.
Als der Chirurg und passionierte Münzsammler Adalbert
Büttner nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre
1972 daran ging, die Münzsammlung des Stadtmuseums
Goslar neu zu ordnen, fand er auch das Manuskript von
Heinrich Buck vor. Er bemühte sich, in einer Jahrzehnte langen intensiven Beschäftigung mit dem Münzwesen der Stadt
die bisher fehlenden Münzen möglichst vollständig zu erfassen und auch die städtische sowie seine eigene Sammlung zu
vervollständigen. Zahlreiche Reisen führten ihn zu fast allen
einschlägigen Museen des In- und Auslandes. Zugleich begann er mit umfangreichen Vorarbeiten für eine Münzgeschichte Goslars, die vor allem auf der Grundlage des
Manuskriptes von Buck verfasst werden sollte. Eine schwere
Krankheit hinderte ihn jedoch daran, sein Lebenswerk zu
vollenden; er starb im Juli 1987.
Die Familie vermachte der Stadt Goslar seine Sammlung
und seine Forschungsarbeiten mit der Auflage, diese auf
wissenschaftlicher Grundlage weiterzuführen. Die Stadt beauftragte Bernd Kluge vom Berliner Münzkabinett – damals
noch in der DDR gelegen –, mit dem Büttner bereits intensiv zusammengearbeitet hatte, im Jahre 1989 mit den Arbeiten. Dieser konnte das fertige Werk endlich 1995 in der
Reihe ‘Berliner Numismatische Forschungen’ als Bd. 4 veröffentlichen. Die Münzgeschichte fußte vor allem auf dem
alten Manuskript von Heinrich Buck, während der Münzkatalog das Werk von Adalbert Büttner war, der von Bernd
Kluge strukturiert und geordnet sowie mit Abbildungen und
einem Fundkatalog versehen wurde. Damit war eine Jahrzehnte lange intensive Arbeit von drei hervorragenden Forschern an diesem Thema endlich zu einem glücklichen Ende
geführt worden. Auch Bücher haben ihre Schicksale! Der
grüne Band ist seitdem das Standard- und Zitierwerk zu diesem Bereich geworden.
Mit den im Jahre 1505 eingeführten Mariengroschen hatte
die Stadt Goslar seine vorher massenhaft geprägten, jedoch im Laufe der Zeit in Verruf geratenen Bauerngroschen durch
eine neue Münzsorte ersetzt, die in der Folgezeit bis 1565
eine ähnlich umfangreiche Prägung erleben sollte wie jene.
Die neuen Mariengroschen waren zudem Vorbild für gleiche
Gepräge mehrerer niedersächsischer Städte und auch der
Braunschweiger Herzöge. Zwischen 1505 und 1547 sind sie
regelmäßig jedes Jahr geprägt worden, danach traten immer
wieder Lücken auf, bis 1565 – nach einer vorherigen zehnjährigen Pause – die letzte Prägung stattfand. 1529 wurde
die Umschrift von gotischen auf lateinische Buchstaben umgestellt. Buck/Büttner/Kluge haben diese umfangreichen
Prägungen detailliert verzeichnet und für jeden Jahrgang
auch viele Umschrift- und Zeichnungsvarianten aufgeführt.
Auf der Vorderseite ist stets ein Adler mit ausgebreiteten
Schwingen und die Umschrift ‘MONETA NOVA GOSLARIENSIS’ zu sehen, auf der Rückseite die stehende Gottes�mutter mit dem Jesuskind in einer Strahlenglorie. Die Um�schrift wechselt von ‘MARIA MATER GRACIE’ ab 1531 zu
‘MARIA MATER DOMINI’, wobei beide Varianten bis 1536
eine Zeit lang auch nebeneinander laufen. 1532, 1534, 1535
und seit 1537 ist jeweils nur ‘MARIA MATER DOMINI’ verzeichnet.
Hier kann nun der Jahrgang 1535 vorgestellt werden, für
den der Katalog bisher nur die Rückseitenumschrift ‘MARIA
MATER DOMINI’ vorgesehen hatte, der hier jedoch die
Rückseitenumschrift ‘MARIA MATER GRACIE’ aufweist. In
dem vom Katalog vorgegebenen Schema, das die Vordersei�tenvarianten mit Groß-, die Rückseitenvarianten mit Klein�buchstaben kennzeichnet, waren bisher für die Rückseiten
lediglich die Buchstaben a, b und c vergeben, die alle
‘MARIA MATER DOMINI’ aufweisen. Damit würde das
neue Stück die Nummer 141Bd einnehmen. Zu erwarten ist,
dass vermutlich im Laufe der Zeit auch die noch fehlenden
Jahrgänge 1532 und 1534 mit dieser Rückseitenumschrift
aufgefunden werden.
Literatur:
Heinrich Buck/Adalbert Büttner/Bernd Kluge: Die Münzen der Reichsstadt
Goslar 1290 bis 1764. Münzgeschichte und Prägekatalog (Berliner Numismatische Forschungen, N. F. Bd. 4); Berlin 1995
Heinrich Buck: Übersicht über die bekannten Münzen der Stadt Goslar, in:
Deutsche Münzblätter 59 (1939), S. 211-212
Adalbert Büttner: Übersicht über die bekannten Münzen der Stadt Goslar, in:
Geldgeschichtliche Nachrichten 20,110 (November 1985), S. 264-268
Wolfgang Schulten: Deutsche Münzen aus der Zeit Karls V. Typenkatalog der
Gepräge zwischen dem Beginn der Talerprägung (1484) und der dritten
Reichsmünzordnung (1559); Frankfurt a. M. 1974