Numismatik

Aus MGM Münzlexikon
Numismatik.png
Medaillenklippe von Helmut König auf den 80. Geburtstag 1997 des Leipziger Münzsammlers Heinz Sterz (1917 – 2003)

(von griech. nomisma = Münze): Disziplin der historischen Wissenschaften, deren Gegenstand die Zahlungsmittel in allen ihren geschichtlichen, ökonomischen, politischen, juristischen, kulturellen und technischen Beziehungen sind. Die Numismatik bezieht in ihren Gegenstand u. a. auch solche Formen wie → Vormünzliches Geld (Gerätegeld, Naturalgeld), → Papiergeld (einschließlich Aktien, Obligationen, Wechsel), → Rechenpfennige, → Marken sowie als neuestes Gebiet die elektronischen Zahlungsmittel (Kreditkarte, Chipkarte) ein. Traditionell gehören zur Numismatik auch die → Medaillen und → Plaketten, die historisch und herstellungstechnisch aus den Münzen hervorgegangen sind (→ Schaumünze ). Eine Einschränkung der Numismatik auf die Münzkunde ist also nicht zutreffend. Zu den Aufgaben gehören: – Erarbeitung von Prinzipien und Methoden zur Auswertung von Münzfunden und zur Münzbeschreibung, Registrierung, Beschreibung sowie historische, territoriale und metrologische Einordnung des numismatischen Materials, – Erforschung der verschiedenen historischen Erscheinungsformen von Münzen und anderen Geldformen, – Erforschung der Gesetzmäßigkeiten, besonderen Erscheinungen und Auswirkungen des Prozesses der → Münzverschlechterung , – Erforschung der Geschichte der metrologischen Bedingungen des Münzwesens, – Erforschung der Geschichte der Herstellung von Münzen (→ Münztechnik ) und der Organisationsformen des Münzbetriebs, – Erforschung der Geschichte des → Münzrechts, der Münzgesetzgebung und der → Münzkonventionen, – Ermittlung der Verbreitungsgebiete von Münztypen als Ausdruck von Handelsbeziehungen.
Die Numismatik befindet sich in Wechselbeziehungen mit zahlreichen Nachbardisziplinen, wie Wirtschafts- und Finanzgeschichte, Kunstgeschichte, Technikgeschichte, Chronologie, Heraldik, Mythologie, Paläografie, Ikonografie, Sphragistik. Wichtigste Quelle ist zunächst als originäres kulturhistorisches Dokument ihrer Zeit die Münze selbst. Damit erfährt die Notwendigkeit des Anlegens numismatischer Sammlungen (→ Münzsammlung , → Münzkabinett) ihre wissenschaftliche Begründung. Als Quellen schriftlicher Überlieferung dienen Aufzeichnungen antiker Autoren, mittelalterliche Urkunden und, seit etwa 1500, ein reicher Bestand archivierter Akten. Die Geschichte der numismatischen Sammlung beginnt in der Renaissance. Als einer der ersten Liebhaber antiker Münzen ist der italienische Dichter und Humanist Petrarca (1304 –1374) überliefert. Mitte des 16. Jh. konnte H. → Goltzius in Europa bereits 950 Münzkabinette registrieren. Die erste hochschulmäßige Vorlesung über Münzen wurde 1783 von dem Universalgelehrten Johann Heinrich Schulze an der Universität in Halle gehalten. Das allgemein numismatische Interesse war jedoch zu jener Zeit erst auf der Stufe der → Münzbelustigungen angelangt. Mit dem 19. Jh. entwickelte sich die Numismatik zur Wissenschaft. Hervorragenden Anteil daran hatten die Numismatiker → Eckhel (antike Münzen), → Mader (Mittelaltermünzen), → Leitzmann und → Grote. Das besondere Verdienst Grotes besteht darin, daß er die Numismatik mit der Geldlehre verband. Damit legte er den Grundstein für die Entwicklung der Numismatik von einer reinen Faktenwissenschaft zu einer Gesellschaftswissenschaft.