Notgeld

Aus MGM Münzlexikon
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Eine sehr frühe byzantinische Blei-Notmünze zu 3 Folles (Wertzahl Γ = 3), die nach dem Erdbeben vom November 528 in der Münzstätte Theoupolis geprägt worden ist

Ursprünglich Münzen, die bei akutem Kleingeldmangel in besonderen Situationen (Krieg, Belagerungen, → Belagerungsmünze ) ausgegeben wurden, wobei auch für Münzen eher ungewöhnliche Materialien, wie Pappe, Leder, Holz, Glas, Preßkohle, Seide, Leinen, verwendet wurde, auch das Kapselgeld (→ Briefmarken-Notmünze ) und Steinzeug-Münzen gehören zum Notgeld. Die britischen → Token des 17. bis 19. Jh. z. B. wurden von Firmen und kleinen Händlern ausgegeben, weil der Staat seiner Verpflichtung zur Ausgabe von kleineren Münznominalen über Jahrzehnte nicht nachgekommen ist. Auch die französischen Medailles und Billets de confiance 1791/92 gehören zum Notgeld. Frühe Notmünzen aus Leder sollen schon 1240 bei der Belagerung von Faenza benutzt worden sein. Beispiele für Notgeld aus der Taler-Zeit sind die Belagerungsklippen und -münzen des 16. bis 18. Jh., die Notmünzen von Mainz 1793 aus Glockenmetall (→ Jäckelier) u. a. (sie gehören zur besonderen Gruppe der Belagerungsmünzen). Frühes Papier-Notgeld ist von der Belagerung der Festung Alhama (Spanien) 1483, Kolberg 1807 und Erfurt 1813 bekannt. Während und nach dem Ersten Weltkrieg wurde Metall- und dann auch Papier-Notgeld in Deutschland von Institutionen, Körperschaften und Firmen in bis dahin unbekannten Ausmaß emittiert. Die deutsche Geldgeschichte kennt aus dieser Periode verschiedene Phasen der Notgeld-Emission:
1. echter Kleingeldmangel 1914 bis 1916 (Ausgabe von Kleingeldscheinen), 1916 bis 1918 sowie 1919/20 mit der Ausgabe vor allem von Hart-Notgeld und Kleingeldscheinen in den Nominalen von 5 Pfennig bis zu 1 Mark durch Länder, Kreise, Städte und Gemeinden (die sogenannten amtlichen Ausgaben), daneben gab es zahlreiche Emissionen von privater Seite,
2. Großgeldscheine über 50 und 100 Mark 1918/19,
3. Großgeldscheine zwischen 100 und 1000 Mark bis Winter 1922,
4. im Frühjahr 1923 bis 10 000 Mark, im Sommer 1923 über 50 000 bis in die Billionen Mark. Danach erfolgte die Einführung der → Rentenmark. Auch die → Serienscheine kannman – mit Einschränkungen – zum Notgeld zählen.
Eine besondere Form des Notgelds stellen Zinsscheine von Staatsanleihen dar, die in Höhe der ausgeschriebenen Zinsen als Zahlungsmittel dienen. Schließlich ist das Wertbeständige Notgeld zu nennen, das in der deutschen Inflation von 1922/23 eine Werteinheit von 1,05 Mark Gold gleich 1⁄4 US-Dollar setzte, ebenso kleine Schatzanweisungen über 0,42 Mark Gold = 1⁄10 US-Dollar, die bis 2. September 1935 (also nach zwölf Jahren) mit einem Aufgeld von 70% rückzahlbar sein sollten. Das wertbeständige Notgeld sollte zur Stabilisierung der Währung beitragen. Das deutsche Hart-Notgeld und das Papier-Notgeld aus der Zeit während und nach dem Ersten Weltkrieg stellen beliebte Sammelgebiete dar, die auch durch Kataloge gut dokumentiert sind.

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Amtliches Notgeld des Bezirksamts Laufen über „Eine Notmark“ 1918


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Privates Notgeld zu 10 Pfennig der „Concordia Spinnerei und Weberei“ in Bunzlau (Schlesien)


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Notgeld, Kleingeldschein der Stadt Brieg (Schlesien) über 50 Pfennig 1921


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Notgeld, Geldersatzschein des Giroverbands für Ost- und Westpreußen in Königsberg über 10 Millionen Mark vom 22. August 1923, überdruckt mit der neuen Wertangabe 100 Milliarden Mark (Abb. verkleinert)