Münzverschlechterung

Aus MGM Münzlexikon

Auch Abwertung: unter den Bedingungen der Münzgeldwirtschaft permanente Erscheinung der Verringerung des → Münzfußes. Die Münzverschlechterung ist die mit Abstand markanteste Erscheinung in der Geschichte des Münzgelds. Sie beginnt in der Antike und setzt sich bis in das 19. Jh. fort. Die wesentlichen Merkmale dieses Prozesses waren jedoch in allen Fällen die gleichen. Als die wichtigsten Ursachen der Münzverschlechterung können gelten:
1. die Differenz zwischen dem Tauschwert (Metallwert, Eigenwert) einer Münze und ihrem Nominalwert; der Tauschwert eines Stück Edelmetalls wird durch dessen Umwandlung in eine Münze nicht erhöht. Die entstandenen Münzkosten wurden unter den Bedingungen der Münzgeldwirtschaft von den Münzherren einschließlich des Schlagschatzes (→ Münzgewinn ) auf die Bevölkerung des eigenen und der angrenzenden Länder durch Verschlechterung des Münzfußes abgewälzt;
2. das → Seigern der schweren Stücke eines Nominals, wenn → Al marco justiert wurde;
3. die in der Zirkulation erfolgende natürliche Abnutzung der Münzen;
4. die Gewinnsucht zahlreicher Münzherren, die den Münzfuß oft in betrügerischer Absicht herabsetzten. Die Münzverschlechterung setzte sich stets nach dem → Gresham-Kopernikanischen Gesetz durch, nachdem schlechte Münze immer die gute Münze vertreibt.
Der Prozeß der Münzverschlechterung wurde besonders begünstigt, wenn infolge einer schwachen Zentralgewalt ein zersplittertes Münzwesen entstanden war, wie z. B. im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Die einzige Münze, deren Edelmetallgehalt seit dem Mittelalter annähernd konstant blieb, war der → Dukat. Der → Taler, seit Anfang des 16. Jh. das wichtigste → Kurant, verminderte sein Feingewicht bis 1838 auf etwa 60%, der → Groschen vom Anfang des 14. bis zum Anfang des 19. Jh. auf 12%, der → Pfennig vom 13. Jh. bis Ende des 17. Jh. auf 5%.
Der Prozeß der Münzverschlechterung verlief in der Geschichte der einzelnen Länder nicht immer mit der gleichen Kontinuität. Konzentrationsphasen waren u. a.: die Münzwirren im römischen Kaiserreich unter Diocletianus (284 – 305); die Zeit der mittelalterlichen Münzverrufungen; die → Schinderlingszeit (1457 bis 1460) in Bayern und Österreich; die → Kipper- und Wipperzeit (1618 bis 1622) in den deutschen Teritorien; die Zeit des preußischen → Kriegsgelds (1755 bis 1763) in den während des Siebenjährigen Krieges von Preußen beherrschten Gebieten. Zahlreiche Münzherren, Münzmeister, Pächter und private Betrüger nutzten diese Münzwirren, um sich zu bereichern. Der Wirtschaft der betreffenden Länder und deren Bevölkerung wurde großer Schaden zugefügt. Der Unwille der Menschen äußerte sich in zahlreichen Flugschriften, Spottversen und Spottnamen für Münzen, z. B. → Schinderlinge, → Strohtaler, → Seufzer, → Rote Sechser.
Die Münzgeldwirtschaft wurde abgelöst durch die Kreditwirtschaft. Die Münzkosten wurden vom Staat übernommen, zuerst in England (1666), wesentlich später in anderen Ländern. An die Stelle der Münzverschlechterung trat die → Inflation.