Münzstände

Aus MGM Münzlexikon

Auch Münzgenossen, Münzverwandte: die im Besitz des → Münzregals befindlichen Reichs- und Landesstände des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Die Stände waren eine Organisationsform der Feudalgesellschaft, mit der sie ihre partikularistischen Interessen gegenüber dem Kaiser bzw. den Territorialfürsten vertreten konnten. Im Unterschied zu Frankreich und England, wo sich im Mittelalter nach anfänglicher Zersplitterung sehr bald eine starke Zentralgewalt herausgebildet hatte, vollzog sich die Entwicklung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation in umgekehrter Richtung und hatte bereits Mitte des 13. Jh. einen Tiefstand der Macht des deutschen Königs/Kaisers erreicht. Neben anderen Rechten war auch das Münzrecht auf die Territorialfürsten, Dynasten, geistliche Fürsten und Städte übergegangen (durch Verleihung oder Aneignung). Die Münzverleihungen durch den Kaiser an geistliche Fürsten und Reichsstädte wurden als ein politisches Instrument der Zentralgewalt gegen die Macht der Territorialfürsten benutzt. Zu den Münzständen gehörten: 1. weltliche Fürsten: Kurfürsten, Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Grafen, Freie Herren. 2. geistliche Fürsten: geistliche Kurfürsten, Erzbischöfe, Bischöfe, Ordensmeister, Äbte. 3. Städte: Reichsstädte, Freie Städte, Landstädte. Von den Freien Herren, Äbten und Landstädten war nur ein verhältnismäßig geringer Teil in den Besitz des Münzrechts gelangt. Die Anzahl der Münzstände war zeitweilig außergewöhnlich groß und im historischen Ablauf ständigen Veränderungen unterworfen. Die M. haben, oft in rücksichtsloser und betrügerischer Weise, das Münzregal als ein Mittel der Bereicherung genutzt (→ Schlagschatz, → Münzverschlechterung ). Mit den → Reichsmünzordnungen des 16. Jh. wurde der Versuch unternommen, die Münzstände nach der Reichsverfassung einer Kontrolle zu unterwerfen (→ Kreisprobationstag ). Nach geringen Anfangserfolgen ist dieses Vorhaben jedoch gescheitert. Im 17. und 18. Jh. gelang es den großen Territorialfürsten, die Münzrechte der Städte, geistlichen Fürsten und kleineren Dynasten mehr und mehr einzuschränken. Durch die politischen Umwälzungen zu Beginn des 19. Jh. wurden sie faktisch aufgehoben.