Jahreszahlen auf Münzen

Aus MGM Münzlexikon
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Tetradrachmon der Münzstätte Alexandria aus der Regierungszeit des Kaisers Valerianus I. (253 – 260) mit der Jahresabgabe L – ∆ (Jahr 4 = 256/257) rechts und links vom Adler

Auch Datierung: in Münzaufschriften ausgewiesene Prägejahre. J. kommen auf antiken und mittelalterlichen Münzen relativ selten vor; sie wurden erst in der Neuzeit zu einem wesentlichen Bestandteil der Münzlegende. Die ältesten datierten Münzen sind in hellenistischer Zeit geprägt worden und zwar hauptsächlich in vorderasiatischen Diadochen-Reichen. So weisen z. B. zahlreiche Münzen der Seleukiden (Diadochen-Dynastie in Mesopotamien/Syrien, 312 bis 64 v. Chr.) J. nach der seleukidischen Ära (Epoche 312 v. Chr.) auf, die u. a. auch im Parther-Reich (hervorgegangen aus der seleukidischen Satrapie Parthien) und von den Juden gebraucht wurde. Genannt seien weiterhin die nach der pontischen Ära (Epoche 298 v. Chr.) datierten Münzen der Könige von Pontos und von Bithynien (beides Diadochen-Reiche in Kleinasien an der Küste des Schwarzen Meers). Außer J. kommen verschiedentlich Angaben von Regierungsjahren vor, häufig auf Münzen der Ptolemäer (makedonisch-griechisches Herrschergeschlecht in Ägypten, 323 bis 30 v. Chr.). Bei ägyptischen Münzen geht den mittels griechischer Buchstaben bezeichneten Regierungsjahren des jeweiligen römischen Kaisers das Zeichen L voraus (z. B. LΑ = im 1. Regierungsjahr, LΕ = im 5. Regierungsjahr). Diese Datierungsform ist auch für die nachfolgenden → alexandrinischen Münzen charakteristisch. Römische Provinzialmünzen, z. B. aus Syrien, nennen J. nach unterschiedlichen Ären, z. T. noch in Verbindung mit Regierungsjahren.
Münzen der Römischen Republik und der Kaiserzeit (römische Reichsmünzen) sind fast ausnahmslos undatiert. Doch können Münzen der römischen Kaiser zeitlich näher bestimmt werden, wenn die in Münzumschriften aufgeführten Ämter mit Iterationsziffern – Kennzeichnung der wiederholten Übernahme eines Amtes – versehen sind. Dabei bleibt zu beachten, daß zwar das Jahr des Amtes als → Konsul (abgekürzt COS) mit dem Julianischen Kalender übereinstimmte, jedoch nicht jährlich erneuert zu werden brauchte. Andererseits erfolgte die Erneuerung der Gewalt als Volkstribun (tribunicia potestate, abgekürzt TR P, TRIB POT) alljährlich, doch begann ursprünglich das tribunizische Jahr am Tag des Regierungsantritts eines Herrschers und erst seit Kaiser Nerva (96 – 98) stets am 10. Dezember. Die Ausrufung zum → Imperator (abgekürzt IMP), gleichfalls iteriert, war von einzelnen militärischen Erfolgen abhängig. Zu den ganz seltenen Ausnahmefällen datierter römischer Münzen gehört ein unter Kaiser Hadrianus (117–138) in Rom geprägter Aureus mit der Rs.-Umschrift ANN(o) CCCLXXIIII NAT(ali) VRB(is) P(rimum) CIR(censes) CON(stitui oder stituti), übersetzt: Im 874. Geburtsjahr [der Stadt Rom] habe ich [Kaiser Hadrianus] zuerst Zirkusspiele eingerichtet, also im Jahr 121 n. Chr. Auf byzantinischen Kupfermünzen finden sich von Kaiser Justinianus I. (527– 565) an bis Kaiser Konstans II. (641– 668) regelmäßig Regierungsjahre angegeben.
Datierte mittelalterliche Münzen, soweit nicht arabischer Provenienz, bilden seltene Ausnahmen. Unter dem König Alfons VIII. von Kastilien (1158 –1214) wurden zwei Münztypen mit J. nach der in Spanien bis in das 14. Jh. verwendeten Saphar-Ära (Epoche 38 v. Chr., das Jahr der Eroberung der Provinz durch Octavianus) geprägt: Obolus mit der J. 1204 (= 1166 AD), Marabotino mit der J. 1225 (= 1187 AD). Kufische Münzen Siziliens, die Herzog Robert Guiscard von Apulien und Kalabrien (1057–1085) prägen ließ, sind nach der → Hedschra datiert (z. B. 464 AH = 1071 AD); von Kaiser Friedrich II. (1197/1215 –1250) gibt es sizilianische Münzen (Tari) mit zweifacher Datierung (z. B. 595 AH, in kufischer Schrift/1198 AD in lateinischen Zahlzeichen). Aus der Regierungszeit des dänischen Königs Waldemar II. (1202 –1241) ist ein in Lund geprägter Solidus überliefert, der auf der Vs. eine Krone mit der Umschrift ANNO DOMINI und auf der Rs. eine Tiara mit der Umschrift :M:CC:XXXIIII: (= 1234) zeigt.
Die ältesten datierten deutschen Münzen sind Groschen von Reinhard von Schönforst (1369 –1396) und aus der Münzstätte Jungheit vor Aachen von 1372. In Aachen selbst wurden seit 1402 Münzen mit J. geprägt. In europäischen Ländern wurde die Datierung von Münzen im 16. Jh. üblich, z. B. Polen (seit 1506), Frankreich (seit 1532 bzw. 1549), England (seit 1549), Spanien (seit 1589), Rußland (seit 1593). Päpstliche Münzen weisen seit Clemens VII. (1523 –1534) regelmäßig Pontifikatsjahre aus, hingegen J. vereinzelt erst im letzten Drittel des 16. Jh. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erfolgte die Datierung von Münzen während des 16. und 17. Jh. häufig nach der minderen Zahl, so daß im 16. Jh. die beiden ersten Ziffern der betreffenden J. fehlen (z. B. 68 = 1568), im 17. Jh. meist nur die erste Ziffer (z. B. 610 = 1610). Nach der Ära der Französischen Republik (Epoche 22. Sept. 1792; am 1. Januar 1806 abgeschafft) kommen auf französischen Münzen (aus der Zeit der Ersten Republik) die J. (L’AN) I bis 14 vor. Moderne Münzen arabischer Staaten weisen meist J. nach der Hedschra und dem Gregorianischen Kalender auf. → Ära, → Monatsangaben auf Münzen, → Bugslaver

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Römischer Aureus von Kaiser Hadrianus (117– 138), in dessen Rückseiten-Umschrift die Jahreszahl 874 (nach der Gründung Roms) angegeben ist


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Aachener Groschen aus der Münzstätte Jungheit mit der Jahreszahl MCCCLIIII (= 1374) in der äußeren Umschrift der Rückseite


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Schweden, Sten Sture der Ältere (1470 – 1497, 1501 – 1503), Örtug 1478, die erste datierte schwedische Münze