Besonderes Stück 20
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Prag vor fünfhundert Jahren - dies macht der böhmische Medailleur Wenzel Seidan (1817-1870) in seiner Medaille zum Thema, die 1860 das 500jährige Jubiläum des Bürger-Scharfschützenkorps feiert. Seidan war einer der bedeutenden Medailleure des Habsburgerreichs, der allerdings auch international erfahren war. Seine Ausbildung hatte er in Wien absolviert, war mit einem staatlichen Stipendium nach Rom geschickt und mit Preisen geehrt worden und hätte sich vielleicht in Paris niedergelassen, wäre nicht die Revolution von 1848 dazwischengekommen. Er schuf viele schöne und anspruchsvolle Medaillen im Wiener Stil, den man dem ‘Biedermeier’ zuschreiben könnte. In der Medaille auf das Prager Jubiläum wählt er allerdings einen neuen Stil: Er erinnert in der Gestaltung an die Zeit Karls IV., der von 1346 bis 1478 als König und Kaiser das deutsche Reich regierte und als König von Böhmen Prag zu einer niegesehenen Blüte führte. Zu dieser Evokation auf der Medaille wird zeitgetreu gotisches Rankenwerk eingeführt und die Inschrift auf wehenden Spruchbändern präsentiert, wie auf gotischen Gemälden. Der Veitsdom auf dem Hradschin, eines der Hauptprojekte des Königs, wird in seinem historischen Zustand dargestellt, ohne die doppeltürmige Westfassade, die erst um 1900 vollendet wurde. Die prachtvolle Medaille mit seinen glänzenden Feldern ist ein herausragendes Zeugnis der damals erst einsetzenden historistischen Medaillenkunst des 19. Jahrhunderts.